Mehr als nur Chemie
WfP: BASF Division Paper Chemicals: Wie sind Sie heute positioniert?
A. Türk: Wir sind als BASF heute der weltgrößte Papierchemikalienlieferant. Wir verfügen über ein sehr breites Produktportfolio, wobei wir in drei Bereichen weltweit tätig sind. Kaolin (Füllstoffe, Pigmente), Coating Chemicals und Wetend Chemicals. Durch die CIBA Akquisition haben wir in den letzten vier Jahren relativ viele Veränderungen in unserem Portfolio vorgenommen, teilweise getrieben durch die Integration oder durch Produkte, die für uns nicht mehr nachhaltig interessant waren. Beispielsweise verkaufen wir heute keine optischen Aufheller mehr in Europa. Auch von dem Produktsegment Stärke haben wir uns getrennt
WfP: Ist die Papierindustrie eine attraktive Branche für die chemische Industrie?
A. Türk: Die Papierindustrie ist geprägt durch Überkapazitäten. Wenn ein Markt nicht wächst, dann herrscht auch ein immenser Kostendruck in der gesamten Wertschöpfungskette. Das bedeutet aber nicht, dass die Papierindustrie generell unattraktiv ist. Innovation, nur um ein besseres Produkt herzustellen, reicht in der Papierindustrie nicht aus. Man muss immer die Balance finden zwischen einem besseren Produkt und gleichzeitigen Kostenvorteilen. Zusätzlich muss der Nutzen relativ schnell erreicht werden. Wir glauben, durch Innovation, durch neue Produkte, durch neue Technologien kann für den Papierhersteller und für unser Unternehmen Mehrwert generiert werden.
WfP: Zur Umsetzung der CEPI Roadmap 2050 werden neue bahnbrechende Techniken und Technologien in der Papierindustrie benötigt. Welche Möglichkeiten sehen Sie für die chemische Industrie, diese Entwicklung zu begleiten?
A. Türk: Es gibt hier mehrere Alternativen. Eine Möglichkeit ergibt sich aus der signifikanten Optimierung der bestehenden Papierproduktionsprozesse. Für uns stellt sich beispielsweise die Aufgabe im Bereich Wetend die Entwässerung zu beschleunigen. Damit wird ermöglicht, im Bereich der Trockenpartie mit weniger Trocknungsenergie auszukommen. Sprechen wir über die Roadmap, ist zu berücksichtigen, welche Einzelkomponenten erfasst werden. Es können Monomere generiert werden, die biobasiert, also nicht auf Basis von Mineralölen, sind. Damit wird der CO_2-Ausstoß verringert, nicht nur an der Papiermaschine, sondern in der gesamten Wertschöpfungskette. Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit diesen Themenstellungen. Wichtig für den Gesamtprozess ist das Zusammenspiel mit dem Papierhersteller und dem Maschinenbauer.
WfP: Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit von Papierchemikalien in Ihrem Unternehmen?
A. Türk: Für die BASF spielt Nachhaltigkeit selbstverständlich eine sehr große Rolle. Der Slogan der globalen BASF-Unternehmensstrategie lautet „We create chemistry for a sustainable future“. Einer der Eckpfeiler für unser Unternehmen ist Sustainability. Für den Bereich der Papierchemikalien ist dieses Thema natürlich auch außerordentlich bedeutsam. Wir glauben, dass die chemische Industrie und wir als BASF zu dem Thema Nachhaltigkeit einen großen Beitrag leisten kann. Nachhaltigkeit heißt für uns, ökonomischen Erfolg mit ökologischer und gesellschaftlicher Verantwortung in Einklang zu bringen. Die Berücksichtigung nur einer Dimension ist dabei nicht möglich. Deshalb sind auch Betrachtungen in der Wertschöpfungskette wichtig. Es reicht nicht aus, dass ein Produkt eine positive Ökoeffizienz hat. Es spielen auch Fragen der Logistik, der Recyclierbarkeit eine wichtige Rolle.
WfP: Wie sehen Sie die Zukunft von Papier?
A. Türk: Papier ist ein Werkstoff, den jeder heute verwendet. Papier wird nicht verschwinden. Auch die nächsten Generationen von Tablet-Computern werden nicht den Schreibblock ersetzen. Es wird Veränderungen geben. Papier hat in Teilbereichen der Verpackung massive Vorteile in verschiedensten Dimensionen. Ich glaube nicht daran, dass es Werkstoffe wie Papier mit gleichen Funktionalitäten und Eigenschaften geben wird. Bei grafischen Papieren werden wir weiterhin die Substitution durch andere Medien sehen, bis ein bestimmter Sockelwert erreicht ist. Papier ist relativ leicht und kann sicherlich auch noch als Werkstoff für andere Einsatzgebiete Verwendung finden, beispielsweise im Leichtbau. Wir sprechen über eine Naturfaser, die in eine Fläche und dann durch Faltungen, wie z.B. bei der Wellpappe, zu einer enormen Stabilität gebracht wird. Wir haben auch Nachteile des Werkstoffes, z.B. das Feuchteverhalten. Für Hygienepapiere gibt es gar keine vernünftigen Alternativen. Bei technischen und Spezialpapieren wird es neue Funktionalitäten geben, die man auf das Fasergebilde übertragen kann.
WfP: Vielen Dank für das sehr informative Gespräch!
(Dr. Kerstin Graf)
Lesen Sie den ausführlichen Artikel im Wochenblatt für Papierfabrikation, Ausgabe 03/2013 ab Seite 168.
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